Berufsstand - 21. November 2023

Ersatzeinreichung: Screenshot reicht, um beA-Störung glaubhaft zu machen

BRAK, Mitteilung vom 20.11.2023 zum Beschluss XI ZB 1/23 des BGH vom 10.10.2023

Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung werden überspannt, wenn das Gericht eine anwaltliche Versicherung fordert, ohne einen vorgelegten Screenshot zu berücksichtigen.

Mit einem Screenshot kann die technische Störung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) glaubhaft gemacht werden, so der Bundesgerichtshof (BGH). Die Vorlage des Screenshots war in dem vom BGH entschiedenen Fall geeignet, die behauptete Störung glaubhaft zu machen. Denn sein Inhalt stimmte mit den Angaben der beA-Störungsdokumentation auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer überein. Eine anwaltliche Versicherung dafür zu fordern, dass die Übermittlung scheiterte, überspanne hingegen die Anforderungen des § 130d Zivilprozessordnung (ZPO) für die Ersatzeinreichung, so der BGH (Beschluss vom 10.10.2023, Az. XI ZB 1/23).

Berufungsgericht verlangte anwaltliche Versicherung

In dem Verfahren rund um den Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags gingen am Tag des Fristablaufs für die Berufungsbegründung zwei Schriftsätze per Fax beim Gericht ein: Einmal eine Mitteilung nebst Screenshot, wonach bei der BRAK eine technische Störung vorlag und das beA nicht zur Verfügung stehe, man aber mit Hochdruck an der Störungsbeseitigung arbeite. Und zum anderen ein Antrag, im versicherten Einvernehmen der Gegenseite die Berufungsbegründungsfrist erneut zu verlängern. Beide Schriftsätze wurden zudem unaufgefordert am Tag nach Fristablauf noch einmal per beA an das Berufungsgericht übermittelt.

Dieses verwarf die Berufung jedoch als unzulässig wegen Verfristung. Die per Fax eingereichten Schriftsätze erfüllten nicht die Anforderungen an eine Ersatzeinreichung wegen vorübergehender technischer Unmöglichkeit. In § 130d Satz 3 ZPO steht: „Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen“. Hierfür hätte es eine anwaltliche Versicherung und nicht nur einen Screenshot nebst Erklärung gebraucht. Daraufhin hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Berufungsbegründung vorgelegt und mit weiterem Schriftsatz die Richtigkeit des per Fax geschilderten Sachverhalts anwaltlich versichert sowie vorsorglich die Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt.

BGH: Screenshot reicht

Der BGH sah das hingegen anders und gewährte auf die Rechtsbeschwerde des Klägers die Wiedereinsetzung. Der Fristverlängerungsantrag sei wirksam gestellt worden. So überspanne das Berufungsgericht die Anforderungen des § 130d Satz 3 ZPO an die Glaubhaftmachung einer auf technischen Gründen beruhenden vorübergehenden Unmöglichkeit, wenn es die anwaltliche Versicherung des Scheiterns der Übermittlung als zwingend erforderlich erachte.

Hier hätte auch der vorgelegte Screenshot gereicht. Dieser sei ein Augenscheinsobjekt im Sinne von § 371 Abs. 1 ZPO. Er sei im vorliegenden Fall geeignet gewesen, die behauptete Störung glaubhaft zu machen. Denn sein Inhalt habe mit den Angaben in der beA-Störungsdokumentation auf der Internetseite der BRAK sowie dem Meldungsarchiv des beA-Supports übereingestimmt.

Unter diesen Umständen könne es nach Ansicht des BGH dahinstehen, ob das Berufungsgericht die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers geschilderte Störung angesichts der auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer verfügbaren Informationen als offenkundig (§ 291 ZPO) hätte behandeln können.

Quelle: BRAK